(Disclaimer: Die folgende Geschichte kann frei erfunden sein und ist in keinerlei Verbindung mit meiner Person zu bringen. Bitte beachtet vor dem Lesen den Reiter „Disclaimer“).
Zartbitter, Vollmilch, Weiß oder doch lieber Karamell? Zartschmelzend und Zuckersüß. Jeder Bissen ein Stück vom Paradies und eine wahrgewordene lebendige Verführung, wer kann da schon widerstehen? Diabetes is calling.
Wie es sich für unsere heutige Zeit gehört, lernte ich dieses menschliche Zuckerstück über das World Wide Web kennen. Einfach eine klasse Erfindung dieses „Internet“. Unbegrenzte Möglichkeiten, wohin Du siehst. Genauso sind scheinbar die Möglichkeiten unbegrenzt, zu zeigen was Du nicht siehst. Aber dazu später mehr.
Wir schrieben eine Zeit lang, telefonierten stundenlang und verstanden uns wirklich gut. Er offenbarte mir, dass er der Erbe eines großen Schokoladenkonzerns sei – für mich als professionelle Naschkatze und ehrenamtliche Schokoladenfanatikerin natürlich das optimale Match! Lebenslang einen vollen Schokivorrat zu Hause haben, das ganze Sortiment for free durchtesten – ich hätte mir wirklich Schlimmeres vorstellen können!
Was mir im Gegensatz zu Nugat und Vollmilchnuss so gar nicht schmeckte, war eine immer wiederkehrende Aussage seinerseits. Er fragte mich immer wieder, ob ich denn ein Problem damit hätte, dass er reich ist? An sich gehört es nicht zu meinem Standardfragenkatalog, zu erörtern, wie viel Goldbarren der gute Herr auf der Konto hatte und falls es doch zur Sprache kommen sollte, inwiefern sollte ich ein Problem damit haben? Ich fragte mich, was er mit dieser Äußerung bezwecken wollen würde. Vielleicht hatte er schlechte Erfahrungen diesbezüglich gemacht? Was beim Kennenlernen neuer Menschen nie außer Acht gelassen werden sollte, ist die Tatsache, dass wir alle eine Vergangenheit haben. Erfahrungen und Erlebnisse, die uns geprägt und geformt haben, weshalb ich es auch als enorm wichtig finde, niemanden zu verurteilen, denn wir kennen nie die ganze Geschichte.
Nach 2 Wochen sollte es nun soweit sein und wir wollten uns treffen. Da wir in unterschiedlichen Orten wohnten, wollte er zu mir fahren, aber natürlich hatten wir uns an einem „neutralen“ Punkt verabredet, denn #youneverknow und so sollte der coffee to go auch das Go! für unser Kennenlernen in 3D implizieren.
Nervös stand ich da. Den eiskalten Wind im Gesicht hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass es mir noch viel kälter den Rücken runter laufen sollte. Die Minuten verstrichen. Meine Nervosität stieg. Doch was nicht sichtbar wurde-war er.
Nach 15 Minuten erschien ein Typ, der zielgerichtet um mich herum schlich. Er sah mich. Doch ich sah nicht den Menschen, mit dem ich wochenlang kommuniziert hatte. Der Klingelton meines Handys holte mich aus meiner Verwirrung und offenbarte mir, was ich innerlich schon befürchtet hatte. Auf meinem Display öffnete sich eine Nachricht mit den Worten „Hey, ist es schlimm, wenn ich anders aussehe?“.
Mein Atem stockte. Meine Beine begannen zu rennen. Ohne nachzudenken. Ohne Luft in den Bronchien. Alles, was ich wusste, war, dass ich weg musste. Zu hause angekommen konnte ich endlich durchatmen, mein ganzer Körper zitterte. Das nenn ich mal Reflexbogen.
10 verpasste Anrufe. Unzählige Nachrichten. Als ich mich doch dazu entschied, ranzugehen, durfte ich mir einen Vortrag anhören, wie ich so oberflächlich sein konnte und ihn wegen seines Aussehens nicht sehen wollte, denn „er habe mich doch auch so akzeptiert, wie ich aussehe“. Er wusste, wie ich aussehe. Ich wusste es offenkundig nicht. Es ging mir nie um sein Aussehen. Nicht eine Sekunde. Aber wenn ich eine Tafel Zartbitter Schokolade kaufe und dann Marzipan drin ist – ist es dann nicht berechtigt, enttäuscht über diese Lüge zu sein? (Zu mal ich Marzipan leider gar nicht mag).
Ganz gleich, ob Marzipan oder Nugat, kann ein Kennenlernen doch nicht auf einer Lüge dieser Größenordnung aufbauen. Redflag no.1.
Er wollte dann unbedingt zu mir hochkommen, um es mir zu „erklären“, aber selbst wenn er mir einen 10-Jahres-Vorrat an Zartbitter und Nugatschokolade (=meine Lieblingssorten) mitgebracht hätte, mein Appetit war mehr als gesättigt – einen derartigen hyperglykämischen Schock hatte ich bis dahin auch noch nicht erlebt!
xoxo elli